Deutsches Institut für angewandtes Insolvenzrecht e.V., mail: info@diai.org
ESUG zeigt deutlich positive Wirkungen in der Wirtschaft
Düsseldorf, 28. November 2016. Drei von vier Unternehmen sehen die neuen Möglichkeiten des Eigenverwaltungs- und Schutzschirmverfahrens als eine wichtige Hilfe bei der Krisenbewältigung. Darüber hinaus wollen 40 Prozent der Unternehmen in einer wirtschaftlichen Schieflage eine Sanierung unter Insolvenzschutz nutzen. Zu diesem überraschend positiven Ergebnis kam die Herbstbefragung 2016 der Creditreform, des Deutschen Instituts für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI) und des Bundesverbandes ESUG Deutschland (BV ESUG), an der sich knapp 4.000 Unternehmen beteiligt haben. „Dass so viele Unternehmen das neue Recht so positiv angenommen haben, hat uns überrascht, das hatten wir in dieser Signifikanz nicht erwartet“, erklärt Michael Bretz, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Massive branchenbezogene Informationsunterschiede
Nach Ansicht von Prof. Dr. Hans Haarmeyer, Leitender Direktor des DIAI, würde die Akzeptanz für die reformierten Insolvenzverfahren noch deutlicher steigen, wenn die Unternehmen besser über das neue Recht informiert wären. „Vier Jahre nach Inkrafttreten des ESUG ist das neue Recht bei ca. 50 Prozent der befragten Unternehmen nicht bekannt“, so Haarmeyer, „das ist sehr bedenklich, denn im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren können durch das ESUG mehr Arbeitsplätze und marktfähige Unternehmen gerettet werden.“ Signifikant dabei sind die enormen Informationsunterschiede in den verschiedenen Wirtschaftsbranchen. Während in der Chemiebranche mehr als 70 Prozent der Unternehmen über das neue Recht informiert sind, kennen nur 25 Prozent der Feinmechanik/Optik-Unternehmen das ESUG. „Hier haben die Branchenverbände und die Politik“, so Robert Buchalik, Vorstandsvorsitzender des BV ESUG, „noch mehr Aufklärungsarbeit und damit einen wichtigen Beitrag zur Entstigmatisierung der Insolvenz zu leisten“.
Unternehmen fordern insolvenzunabhängiges Restrukturierungsverfahren
Ebenso überraschend und eindeutig ist die Positionierung der Unternehmen zu einem gesonderten als „Restrukturierungsverfahren“ öffentlich bekannt gemachtes Verfahren. Bisher wird das Schutzschirmverfahren als Insolvenzverfahren veröffentlicht, obwohl ein Insolvenzgrund oft nicht vorliegt. Ein außergerichtliches Sanierungsverfahren würde bei fast zwei Drittel der befragten Unternehmen die künftige Entscheidung für eine Sanierung deutlich forcieren. „Wäre der Gesetzgeber entsprechend den Vorstellungen der EU Kommission bereit, ein Sanierungsverfahren durch die Gerichte nicht mehr als Insolvenz- sondern als Restrukturierungsverfahren bekannt zu machen, dann könnte mit dieser kleinen Änderung die positive Entwicklung des ESUG noch einmal deutlich beschleunigt werden“, merkt Prof. Haarmeyer an.
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Große Bereitschaft zur Mitarbeit in vorläufigen Gläubigerausschüssen
Erstaunlich, so Michael Bretz, sei die Bereitschaft von mehr als 50 Prozent der Unternehmen, in einem vorläufigen Gläubigerausschuss mitzuarbeiten. Der Gläubigerausschuss ist das zentrale Steuerungsinstrument in einem Insolvenzverfahren. Er hat die Aufgabe den Schuldner während des Verfahrens zu überwachen und er kann die Restrukturierungsmaßnahmen mitbestimmen. „Während in der Vergangenheit die meisten Insolvenzverfahren ohne aktive Beteiligung von Unternehmen als Gläubiger stattfanden, wollen heutzutage die Gläubiger wichtige Verfahrensentscheidungen selber treffen“, so die Auffassung von Prof. Haarmeyer und weiter, „der deutsche Mittelstand steht der Reform des Insolvenzrechts positiv gegenüber und es ist erstmals ein grundlegender positiver Wandel gegenüber einer Insolvenz als Chance zu erkennen.“
Die Ergebnisse der Umfrage werden beim 6. Deutschen Gläubigerkongress am 22. und 23. Juni 2017 in Köln vorgestellt und diskutiert. Der Gläubigerkongress befasst sich in diesem Jahr mit dem "Wandel zur Wend" und will einen weiteren Schritt zu einer Sanierungskultur in Deutschland gehen.
Wenn ein Unternehmen von der Insolvenz bedroht ist, sehen die Verantwortlichen oft nur wenige Optionen oder blenden sogar die mögliche Zahlungsunfähigkeit aus. Doch mit aktivem Handeln
lassen sich angeschlagene Firmen wieder auf Kurs bringen. Die folgenden, aktuellen Beispiele zeigen auf, wie erfolgreiche Sanierung durch Insolvenz funktioniert. Darüber hinaus wird deutlich,
dass Betriebe jeder Größenordnung von den Vorteilen profitieren können.
Sanierung durch Insolvenz, das scheint ein Widerspruch in sich zu sein, denn in der öffentlichen Wahrnehmung wird auch heute noch die Insolvenz mit dem endgültigen Scheitern und der notwendigen Marktbereinigung durch einen geordneten Marktaustritt gleichgesetzt. Dass dieses Denken in den Kategorien des 19. Jahrhunderts heute immer noch als ein zentrales Problem des Erkennens strategischer Optionen des Insolvenzverfahrens in den Köpfen auch vieler Unternehmensführer und –berater fest verankert ist, verkennt aber, dass sich schon seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts hier ein grundlegender Wandel vollzogen hat. Der zunächst in den anglo-amerikanischen Staaten forcierte Sanierungsansatz durch Insolvenz wurde in den 70er Jahren zunehmend auch in Deutschland aufgenommen und folgte der Erkenntnis, dass der Konkurs der größte Wertevernichter ist, während die Sanierung die im Unternehmen gebundenen Werte ebenso wie Arbeitsplätze, Lieferbeziehungen, regionale Strukturen etc. erhält und damit zugleich auch die betriebs- und volkswirtschaftlichen Schäden minimiert. Diese Entwicklung ist in das 1999 reformierte deutsche Insolvenzrecht eingeflossen und hat mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) am 01.03.2012 seinen vorläufigen Schlusspunkt erreicht (BT-Drucks. 17/5712, S. 39).
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Das Insolvenzverfahren folgt einem Ausnahmerecht, das für eine gewisse Zeit das Unternehmen aus den rechtlichen und vertraglichen Bindungen des normalen Rechts- und Geschäftsverkehrs herausnimmt und einer „Käseglocke“ gleich das Unternehmen unter den Schutz des Insolvenzrechts stellt und mögliche Sanierungen damit fördert. Das gerichtliche Insolvenzverfahren kann aufgrund des ESUG insbesondere dann die richtige Wahl sein, wenn ein schlüssiges Sanierungskonzept vorliegt, bei dem aber eine Zustimmung aller Gläubiger nicht zu erwarten oder eher unwahrscheinlich ist. Wenngleich das Verfahren mit einem Verlust der Einflussnahme der Gesellschafter und Geschäftsführer verbunden ist, kann dem durch ein insolvenztaugliches Sanierungskonzept und die Möglichkeit der Anordnung der Eigenverwaltung oder eines Schutzschirmverfahrens entgegen gewirkt werden. Dies gilt auch für Freiberufler und Kleinbetriebe, bei denen es gerade auf die persönliche Leistungsfähigkeit ankommt. Die Nachteile und Risiken der außergerichtlichen Sanierung mit ihrem hohen Erpressungspotenzial sind im Übrigen die Vorteile der gerichtlichen Abwicklung, denn in diesem Rahmen können z.B. die so genannten Akkordstörer überstimmt und ein Sanierungsplan auch nur mit einfacher Mehrheit angenommen werden. Durch das aus dem amerikanischen Recht kommende Zustimmungsersetzungsverfahren („Cramdown-Verfahren“) des § 245 InsO kann die Zustimmung einzelner, sich dem Plan widersetzender (obstruierender) Gläubiger oder Gläubigergruppen gerichtlich herbeigeführt werden (sog. Obstruktionsverbot). Darüber hinaus bietet das gerichtliche Verfahren für das in der Krise befindliche Unternehmen eine Vielzahl von weiteren Vorteilen und unschätzbaren Sanierungshilfen.
Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und Kundenaufträge, die sich über Jahre von profitabel zu unprofitabel entwickelt hatten, brachten die Eisengießerei Karlhütte in eine wirtschaftliche Schieflage. Letztendlich kam das Unternehmen in eine Insolvenzantragspflicht. Im April 2012 entschied sich der Geschäftsführende Gesellschafter des Traditionsunternehmens, Karl-Heinrich Thiele, für den Weg über ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung. Sieben Monate später konnte der Insolvenzplan wieder aufgehoben werden. Damit ist dieses Verfahren eines der kürzesten Planverfahren in Deutschland, welches nach neuem Recht durchgeführt wurde.
Das eiligst zusammengestellte Projektteam analysierte die ersten Unterlagen der Karlshütte, die die wirtschaftliche Gesamtsituation darstellten, und bezifferte grob den erforderlichen Liquiditätsbedarf der nächsten Wochen. Um einen umfassenden Einblick zu erhalten wurde ein Tag später ein Restrukturierungs-Workshop mit dem geschäftsführenden Gesellschafter, seinen wichtigsten Mitarbeitern und einem Teil des Projektteams durchgeführt. In dem ganztägigen Workshop wurde nunmehr ein mehrseitiger Fragenkatalog intensiv durchgearbeitet.
Kernelemente des Workshops waren:
Diese Vorgehensweise dient dazu, in möglichst kurzer Zeit eine Vielzahl von Schwachstellen, aber auch Verbesserungspotentialen innerhalb des betroffenen Unternehmens zu identifizieren. Am Ende des Workshop-Tages konnte das Projektteam auf zahlreiche Informationen zugreifen.
Die nächsten Tage dienten dem Projektteam dazu, die gewonnenen qualitativen und quantitativen Informationen auszuwerten. Weitere rechtliche, betriebswirtschaftliche und operative Fragestellungen wurden erörtert und gelöst. Zur weiteren Analyse möglicher operativer Sanierungspotentiale wurde darüber hinaus ein Produktionsexperte beauftragt, sich einen ersten Überblick über die entsprechenden Produktionsanlagen und innerbetrieblichen Abläufe zu verschaffen. Nur zwölf Tage nach dem ersten Kontakt durch den geschäftsführenden Gesellschafter waren die Unternehmensunterlagen soweit aufbereitet, dass verschiedene Szenarien einander gegenübergestellt werden konnten. Dabei handelt es sich um ein Going-Concern-Szenario, ein Liquidationsszenario sowie das Insolvenzplanszenario. Dies wurde verbunden mit einem Sanierungsszenario entlang der Wertschöpfungskette, das dann mit den wichtigsten Kunden und den Kreditinstituten abgestimmt worden ist.
Der Erfolg der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen zeigte sich bereits sechs Monate nach der Antragstellung, obwohl den meisten Beteiligten (Lieferanten, Kunden, Banken und Richter) die neuen Möglichkeiten der Insolvenzordnung völlig unbekannt waren. Dennoch hatten die Gläubiger dem Insolvenzplan Anfang September zu 100 Prozent zugestimmt. Sie erhielten eine Quote von zehn Prozent und damit fast doppelt so viel, wie bei einer Regelinsolvenz üblich ist. Zur Beschleunigung trug vor allem die Möglichkeit der Eigenverwaltung bei. Das Amtsgericht Bielefeld hob das Insolvenzverfahren im Oktober auf. Der während des Verfahrens eingesetzte Chief Restructuring Officer (CRO) verließ die Geschäftsführung der Eisengießerei Karlshütte mit der Aufhebung des Verfahrens. An seine Stelle trat der Kaufmann Volker Ahring, der die noch ausstehenden langfristigen Sanierungsmaßnahmen zu Ende führt.
Das Ingenieur-Bauunternehmen Friedrich Rempke GmbH & Co. KG wurde vor 99 Jahren in Hagen gegründet und beschäftigte im Jahre 2012 ca. 130 Mitarbeiter. Die Kernkompetenz liegt im Stahlbetonbau und ruhte auf zwei Standbeinen, nämlich Brückenbau und Industriebau inklusive Hallenfundamentbau. Rempke ist hauptsächlich in NRW tätig, wobei der Schwerpunkt rd. 100 km um den Standort in Hagen liegt. Die Folgen des Krisenjahres 2009, aber auch ein langer und schwerer Winter 2010 sowie der zunehmende regionale Wettbewerbsdruck in der Baubranche hatten das Unternehmen 2012 schleichend in finanzielle Schwierigkeiten gebracht, daher fehlten auch die Mittel für einen notwendigen strukturellen Umbau.
Im Rahmen einer umfassenden Analyse durch ein Beratungsunternehmen wurde erstmals die Möglichkeit einer Sanierung unter Insolvenzschutz und die Regelung der Probleme im Rahmen eines Insolvenzplans diskutiert. Auf der Grundlage eines Sanierungskonzeptes wurde das Gespräch mit den wichtigsten Gläubigern gesucht und im September 2012 das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Das Konzept sah vor, dass sich das Traditionsunternehmen verstärkt auf Industriebauten, wie Produktionsgebäude, Lagerstätten, Hallen- und Maschinen-Fundamente, sowie auf den konstruktiven Ingenieurbau (Brücken, Stützwände) konzentrieren sollte. Weiterhin sollen die internen Prozesse zwischen kaufmännischen und technischen Abläufen verbessert werden. Der Kostendruck des wettbewerbsintensiven Marktumfeldes machte es zudem unvermeidlich Personalanpassungen vorzunehmen. Der Gläubigerausschuss befürwortet den eingeschlagenen Weg. „Ein Insolvenzplanverfahren in der Baubranche ist immer sehr schwierig und ambitioniert, da die Kunden gesetzliche Sonderkündigungen nutzen können“, so Sachwalter Stephan Michels. Hierzu ergänzt Dr. Jochen Vogel, der die Geschäftsführung als Sanierungsberater unterstützte: „Der Geschäftsleitung ist es gelungen, mit vertrauensbildenden Maßnahmen die Kunden von einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Traditionsunternehmen Rempke zu überzeugen. Genau hier wirkte sich das seit März 2012 geltende Insolvenzrecht sehr positiv aus.“
Bereits am 19. Juni 2013 gaben die Gläubiger grünes Licht zum Insolvenzplan und dem darin enthaltenen Sanierungskonzept, den das Unternehmen zusammen mit der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Buchalik Brömmekamp erstellt hatte. „Nunmehr ist auch die letzte Hürde genommen und wir können uns nun endlich mit ganzer Kraft wieder auf unser Baugeschäft konzentrieren“, so der Geschäftsführer Walter Schmid, „gleichzeitig gilt mein Dank erneut allen Beteiligten, Mitarbeitern, Lieferanten aber auch unseren Baupartnern, die uns in den letzten Monaten unterstützt haben.“ „Mit der Bauunternehmung Rempke ist das erste Mal in Deutschland ein Bauunternehmen in einem Eigenverwaltungsverfahren über einen Insolvenzplan saniert worden. Und das in knapp neun Monaten nach der Antragstellung.“, so Dr. Jochen Vogel, der das Unternehmen während der gesamten Phase begleitet hat. Am 6. Juli 2013 ist das Insolvenzverfahren aufgehoben worden.
In der Euphorie der angekündigten Energiewende wurden hohe Investitionen in den Ausbau neuer Fertigungsstätten für die Herstellung von Stahltürmen für die Windenergiebranche vorgenommen. Aufgrund fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen kam es ab 2011 im Bereich der erneuerbaren Energien zu einer Krise mit erheblichen Überkapazitäten auf dem Markt.
Durch den drastischen Umsatzeinbruch und den Preisverfall verlor die SIAG ihre Kapitaldienstfähigkeit. Ebenso konnten Verpflichtungen aus Anleihen nicht mehr bedient werden.
Für ein „Gesundschrumpfen“ fehlte das Geld. Dies veranlasste den Vorstand, im März 2012 die Sanierung mittels eines Insolvenzplanverfahrens in (vorl.) Eigenverwaltung einzuleiten.
Neben der SIAG (Holding) wurden auch die deutschen Konzerntöchter mittels eines (vorl.) eigenverwalteten Insolvenzverfahrens in den Sanierungsprozess eingegliedert. Zum Zwecke der Sanierung über das ESUG wurde ein Sanierungsberater, zum neuen Vorstandsvorsitzenden der SIAG und ihrer Tochtergesellschaften bestellt. Nach genau zwölf Monaten hat die Gläubigerversammlung das Sanierungskonzept (Insolvenzplan) bestätigt. Im Hinblick auf die Auslandsbeteiligungen und die Komplexität des Gesamtverfahrens mit elf Tochtergesellschaften und ursprünglich rund 1.800 Arbeitnehmern ist dieser Fall ein Paradebeispiel einer ESUG-gestützten Sanierung nach neuem Recht.
Oberstes Ziel war zunächst die Aufrechterhaltung der Produktion und damit die Lieferfähigkeit, um das Vertrauen der Kunden nicht zu verlieren.
Bereits wenige Tage nach dem Insolvenzantrag konnte das Vertrauen der finanzierenden Gläubi-gerbank gewonnen werden, die Massedarlehen in Form liquider Mittel in Millionenhöhe zur Verfü-gung gestellt. Gleichzeitig wurden mit dem für die Sanierung festgelegten Projektteam die notwendigen Analysen durchgeführt. Hierbei wurde in Zusammenarbeit mit den Führungskräften der SIAG das Augenmerk gelenkt auf:
Die aus den Analysen gewonnenen Erkenntnisse zeigten, dass eine nachhaltige Sanierung der Gesellschaft in Rekordzeit möglich ist. Aufgrund der Sonderrechte der InsO war es möglich, in sämtliche als „negativ“ definierten Vertragsverhältnisse einzugreifen, um diese kurzfristig aufzulösen bzw. den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen.
Das Sanierungskonzept wurde frühzeitig mit den wesentlichen Kunden, Lieferanten und Großgläubigern abgestimmt und fand breite Zustimmung.
Innerhalb weniger Wochen war es möglich, sich auf die Kernkompetenz des Unternehmens (die Produktion von Stahltürmen für den Onshore-Bereich) zu konzentrieren. Die ausländischen Tochtergesellschaften ebenso wie der Offshore-Bereich wurden aus dem Unternehmensverbund ausgegliedert. Im Rahmen des Sanierungskonzeptes (Insolvenzplan) konnten folgende Maßnahmen realisiert werden:
Die Umsetzung all dieser Schritte innerhalb weniger Wochen wäre ohne das ESUG (das neue Insolvenzrecht) nicht möglich gewesen.
In der Gläubigerversammlung, die am 09. März 2013 stattfand, wurde der Insolvenzplan (das Sanierungskonzept) mit überwältigender Mehrheit der Gläubiger angenommen. Von sieben Gläubiger-gruppen stimmten sechs dem Insolvenzplan zu. Die fehlende Zustimmung der einen Gruppe wurde über das sog. Obstruktionsverbot durch das Insolvenzgericht ersetzt. Mit der Rechtskraft des Insolvenzplanes war die Arbeit des für die Sanierung beauftragten Spezialisten, erledigt, der den „Staffelstab“ an seinen Nachfolger, Herrn Hermann Josef Taterra, übergeben hat.
Mit vollen Auftragsbüchern wird das Unternehmen in der neuen schlanken Gestalt weiterhin ein wesentlicher Player im Markt bleiben.
Aufgrund eines Technologiewandels (weg von Bildröhren – hin zu Flachbildschirmen) brach der Umsatz der TELUX um rund 70 % ein. Ein kompletter Produktionsbereich musste geschlossen und die dort tätigen Arbeitnehmer entlassen werden. Die Reduzierung der Gesamtbelegschaft führte dazu, dass die staatlichen Förderkriterien nicht mehr eingehalten werden konnten. Dies führte letztendlich zum Widerruf der gewährten Fördermittel. Die TELUX sah sich in der Folge hohen Rückzahlungsansprüchen ausgesetzt.
In dieser Situation fasst der geschäftsführende Gesellschafter des Traditionsunternehmens, Herr Andreas Nelte, den richtigen Entschluss, die Sanierung über ein Schutzschirmverfahren und im Anschluss über ein Insolvenzplanverfahren in Eigenverwaltung zu betreiben.
Zur Steuerung dieses Prozesses wurde ein Sanierungsberater zum CRO (Sanierungsgeschäftsführer) bestellt. Es handelte sich bei diesem Verfahren um das erste Schutzschirmverfahren beim Insolvenzgericht Dresden.
Herr Andreas Nelte hat sich bereits rechtzeitig - d.h. bei drohender Zahlungsunfähigkeit - mit dem Thema der Sanierung über das ESUG beschäftigt. Deshalb konnte bereits vor der Einleitung des Schutzschirmverfahrens das Sanierungsteam seine Arbeit aufnehmen und das Sanierungskonzept in Ruhe erarbeiten.
Mit dem Einleiten der Insolvenz über ein Schutzschirmverfahren bestand im ersten Schritt die Notwendigkeit, die Akzeptanz der Kunden und Lieferanten zum Schutzschirmverfahren und die damit eingeleitete Sanierung nach dem ESUG zu gewinnen. Die Lieferfähigkeit des Unternehmens war während des gesamten Sanierungsprozesses gewährleistet.
Das Sanierungskonzept sah primär einen Schuldenerlass seitens des Förderinstitutes vor. Die finanzierenden Banken begrüßten ausdrücklich den Schritt der Sanierung über einen Insolvenzplan und sagten dem Unternehmen ihre Unterstützung zu. Auch bei den Kunden und sonstigen Geschäftspartnern fand das Sanierungskonzept breite Akzeptanz.
Die Aufrechterhaltung der Produktion konnte sowohl über die Sondereffekte der Insolvenz (Insolvenzgeld etc.) als auch über Massedarlehen (echte und unechte) gewährleistet werden, die von den Gläubigerbanken bereitgestellt wurden.
Es konnte innerhalb kürzester Zeit Einvernehmen mit sämtlichen Gläubigern erzielt werden. Auch die Förderbank, die auf die aus dem widerrufenen Förderbescheid resultierenden Beträge verzichten musste, unterstützte den Sanierungsprozess. Die wesentlichen Punkte der Sanierung lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Gläubigerversammlung segnete einstimmig das Sanierungskonzept (Insolvenzplan) ab. Das Verfahren war nach ca. vier Monaten beendet.
Mit der Bestätigung des Insolvenzplanes und der Aufhebung des Verfahrens war die Arbeit für den Sanierungsberater beendet. Nunmehr konnte der Geschäftsführer, Herr Andreas Nelte, das Unternehmen wieder alleine führen.