Deutsches Institut für angewandtes Insolvenzrecht e.V., mail: info@diai.org
Anders als im Rahmen außergerichtlicher Verfahren unterliegt eine Sanierung unter Insolvenzschutz aufgrund des quasi-öffentlichen Charakters des Verfahrens und der Beteiligung ganz unterschiedlicher Gruppen und Gläubiger einer überaus transparenten Nachverfolgbarkeit von Anspruch und Wirklichkeit. Der Erfolg einer Sanierung unter Insolvenzschutz hängt maßgeblich von der professionellen Vorarbeit des Beraters ab, denn auf diese Arbeit stützt sich das folgende gerichtliche Verfahren und im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle erweist sich sodann, ob z.B. die angestrebte Sanierung unter Eigenverwaltung oder Schutzschirm die gerichtlichen Hürden nimmt oder schon an dieser Schwelle scheitert – was dann zumeist ein Scheitern der Sanierung selbst zur Folge hat.
Unter den rund 15.000 Beratungsunternehmen bilden Berater mit der Fähigkeit zur einer Sanierung unter Insolvenzschutz – also der Wiederherstellung der nachhaltigen Renditefähigkeit – eine äußerst kleine spezialisierte Gruppe von derzeit wohl nur sehr wenigen Beratungsbüros. Das liegt schlicht daran, dass bis zum Inkrafttreten des ESUG eine Sanierung unter Insolvenzschutz eher als ein zu vermeidendes Übel galt, denn nicht zuletzt mit dem Eintritt in ein Insolvenzverfahren endete das Mandat des Beraters und der Insolvenzverwalter übernahm die vollständige Kontrolle – häufig mit der Konsequenz, dass er eine zuvor erfolgte Sanierungsberatung sehr kritisch unter die Lupe nahm und vielfach erhaltene Honorare von den Beratern wegen „Wertlosigkeit der Beratung“ erfolgreich zurückforderte. Das heißt im deutschen Markt gibt es nur äußerst wenige Berater, die schon in der Vergangenheit nicht nur außergerichtliche Sanierungen erfolgreich durchgeführt haben, sondern auch schon vor Inkrafttreten des ESUG die Insolvenz als eine strategische Option gesehen und erfolgreich umgesetzt haben – die so erfahrenen Berater gehören daher auch zu der kleinen Gruppe, die schon heute erfolgreiche Sanierungen unter Insolvenzschutz nachweisen können. Im Übrigen sortiert sich derzeit, unter dem Eindruck des ESUG, der gesamte Markt der Unternehmensberater sowie der Insolvenzverwalter um.
Unter Sanierung (lat. sanare = heilen, gesund machen) versteht man betriebswirtschaftlich schlicht die nachhaltige Wiederherstellung der Renditefähigkeit eines marktfähigen Unternehmens. Dies kann und wird nur erfolgreich sein, wenn die Sanierung die tatsächlichen Ursachen der Krise richtig analysiert und in einem gemeinsamen Prozess zwischen Sanierer und Unternehmen umsetzt. Zur Identifizierung der „Verlustbringer“ bedarf es einer Analyse entlang der Wertschöpfungskette des Unternehmens und des Marktes in dem sich das Unternehmen bewegt. Schließlich wird ein seriöser und erfahrener Sanierer nicht nur ein tragfähiges Sanierungskonzept entwerfen, sondern dessen operative Umsetzung im Rahmen eines Sanierungscontrollings auch so lange begleiten, bis die ersten Sanierungsmaßnahmen greifen und das Unternehmen den Prozess eigenverantwortlich umsetzen kann.
Demgegenüber finden sich in der Praxis behauptete Sanierungen, die in der Regel nichts anderes leisten, als kurzfristig Symptome zu kurieren, nicht aber die Nachhaltigkeit und Marktfähigkeit zum Gegenstand haben. In fast jedem Insolvenzverfahren finden sich dann auch Konzepte von selbst ernannten, teilweise auch durchaus renommierten, Beratern, die allenfalls das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben wurden, nie aber wirklich umsetzungsfähig waren. So findet sich z.B. im Rahmen krisenhafter Entwicklung vielfach die Behauptung, man habe ein Unternehmen im Rahmen einer „übertragenden Sanierung“ aus der Krise geführt – was aber im Ergebnis nur bedeutet, dass man eben nicht saniert, sondern das Unternehmen oder Teile davon auf einen Dritten veräußert hat, der dann erst die wirklich Sanierung leisten muss. Bestes Beispiel dafür ist die Karstadt-Insolvenz mit einem lediglich gesteuerten Verkaufsprozess auf einen Investor und die tatsächliche Wiederherstellung der Markt- und Renditefähigkeit von Woolworth, durch eine Kernsanierung des Unternehmens im Insolvenzverfahren.
Unternehmensberater, Sanierungsberater, Restrukturierungsberater und Sanierungsmanager sind ebenso wenig geschützte Berufsbezeichnung wie angebliche Zertifizierungen für diese Scheinqualifikation, die aber in der Regel nicht mehr aussagen, als das jemand an einem Lehrgang oder Seminar teilgenommen hat oder sich für das hält, was er vorgibt zu sein. Will sagen, der Markt der Berater ist extrem heterogen und wird in seiner übergroßen Zahl von Einzelberatern dominiert, die, ohne entsprechende eigene personelle wie sachliche Infrastruktur bemüht, gleichwohl sich auch für schwierigste Problemkreise als der beste oder richtige Berater selbst empfehlen.
Auch die Berufs- und Interessenverbände wie der BDU (Bundesverband Deutscher Unternehmensberater), der BRSI (Bundesverband Restrukturierung, Sanierung und Interim Management), das IBWF (Institut für Betriebsberatung, Wirtschaftsförderung und-forschung) oder die DDIM (Dachgesellschaft Deutsches Interim Management) können nur begrenzt eine Differenzierung leisten, wobei der BDU im Jahre 2011 mit dem Titel „Sanierungsberater CMC/BDU“ den vielleicht besten Weg gefunden haben, nachhaltige Erfolge und umfassende Spezialisierung als aussagekräftige Kriterien festzulegen. Dass dieses Siegel allerdings bisher nur von einer Handvoll Beratern erworben worden ist, bestätigt die These, dass der Markt für die wirklich guten Berater für Sanierungen unter Insolvenzschutz extrem dünn besetzt ist.